Three Passes Trek Nepal Tag 10: Lobuche - Gorak Shep - Everest Base Camp
Lobuche - The Pyramid - Gorak Shep
Start: Lobuche, 4’910m.ü.M.
Ziel: Gorak Shep, 5’279m.ü.M.
Datum: 21.03.2023
Start in Lobuche: 09:12 Uhr
Distanz: 5.98 km
Dauer: 2:29 h
Höhenmeter: 362m Aufstieg, 112m Abstieg
Höchster Punkt: 5’304m.ü.M.
Streckenprofil: simpler, von Schnee bedeckter Weg
Übernachtung: Himalaya Lodge & Restaurant, Gorak Shep
Wetter: beim Start noch sonnig, rasche zogen aber die Wolken auf
Temperatur: bis zu 10° C.
Fauna: ein paar Vögel flogen herum. Maultiere in Lobuche und Yaks unterwegs
Essen: Porridge mit Zimt und Zucker, Ingwertee, Vegetable Fried Rice, Snickers, vegetarisches Curry
Gorak Shep - Everest Base Camp - Gorak Shep
Start: Gorak Shep, 5’279m.ü.M.
Ziel: Everest Base Camp, 5’364m.ü.M.
Datum: 21.03.2023
Start in Gorak Shep: 14:07 Uhr
Distanz: 8.35 km (inkl. Rückweg)
Dauer: 3:54 h (inkl. Rückweg)
Höhenmeter: 301m Aufstieg, 289m Abstieg
Höchster Punkt: 5’399m.ü.M.
Streckenprofil: simpler Weg, von Schnee bedeckt
Die Nacht ist nicht erholsam. Wieder erwache ich kurz nach Mitternacht mit Kopfschmerzen. Ich nehme einen Schluck Wasser und drifte irgendwann wieder in einen traumlosen Schlaf. Um 06:00 erwache ich wieder, der Blick aus dem Fenster lässt mich aber gleich wieder in den Schlafsack verschwinden. Null Sicht. So schlafe ich bis um 08:20 Uhr weiter. Als ich zumindest das Nachbargebäude aus dem Fenster sehen kann, stehe ich auf. Ich fühle mich aufgedunsen (sehe auch so aus) und strotze nicht vor Energie. Ich stehe auf, packe zusammen und frühstücke in der Stube eine heisse Schüssel Porridge mit Zimt und Zucker. Es ist auch drinnen noch sehr kühl, die Wärme des Müesli tut meinem ganzen Körper gut.
Der heutige Plan ist es, bis nach Gorak Shep zu laufen. Unterwegs mache ich einen Abstecher zur Forschungsstation ‘The Pyramid', in Gorak Shep lasse ich das meiste meines Gepäcks in einer Lodge, gehe dann zum Everest Base Camp und wieder zurück nach Gorak Shep. Josh und Giuseppe sind heute ebenfalls Spätaufsteher und mit von der Partie. Da es sich bei The Pyramid um eine italienische Forschungsstation handelt, hoffen wir insgeheim einen guten Espresso zu kriegen.
Um 09:15 Uhr sind wir draussen und bereit für die heutige Wanderung. Die Sonne ist trotz einigen Schleierwolken enorm stark und der Neuschnee blendet ungemein. Rasch ziehe ich meine Sonnenbrille an. Die Sonnenstrahlen wärmen und tun, wie auch die kleinen rötlichen Vögel, die um uns herum fliegen, dem Gemüt gut. Auf dem Weg stapfen uns schon nach kurzer Zeit einige Yaks ohne Gepäck auf dem Rücken entgegen. Nach 20 Minuten erreichen wir den Wegweiser zur Pyramid und folgen diesem. 10 Minuten später sind wir bereits bei der Forschungsstation, wessen Pyramidenspitze wir bereits vom Kong Ma La Pass erkennen konnten. Die Forschungsstation ist leider geschlossen, davor befindet sich aber ein Teehaus, in welchem wir eine Pause einlegen. Es gibt zwar keinen italienischen Espresso, zu unserer Überraschung sitzt aber Jane in der Stube und trinkt Tee. Jane habe ich bereits bei der Überquerung des Kong Ma La Pass gesehen. Die 70-jährige Rechtsprofessorin aus den USA reist solo. Während Josh sich ein indisches Frühstück und Giuseppe eine Hühnersuppe (aka Bouillon) bestellen, unterhalten wir uns mit ihr. Sie erzählt uns von ihren Reisen nach Indien und Nepal in den 80er-Jahren und was sich seither veränderte. Gespannt höre ich dieser inspirierenden und sympathischen Frau zu. Hoffentlich darf auch ich in vierzig Jahren noch in der Lage sein, die Welt zu entdecken.
Nachdem die Herren gesättigt sind und ich meinen Liter Tee getrunken habe, laufen wir weiter. Jane bleibt noch für eine weitere Nacht in dieser Lodge. Die Sonne versteckt sich mittlerweile hinter den Wolken und Schneeflocken fallen auf uns. Ich bin dankbar, dass wir gestern bei besserem Wetter den Kong Ma Lass überschreiten konnten. Der Weg bis nach Gorak Shep führt uns über den Lobuche Pass und ist kurzweilig. Da wir parallel zum Khumbu-Gletscher unterwegs sind, erhaschen wir auch immer wieder einen tollen Blick auf diesen. Die Eismassen beeindrucken mich jedes Mal.
Um 12:40 Uhr erreichen wir Gorak Shep. Die wenigen Häuser sind die letzte dauerhaft bewohnte Siedlung vor dem Südaufstieg auf den Mount Everest. Gehört habe ich von den Unterkünften kaum Gutes. Anscheinend machen es sich die Inhaber zunutze, dass die Touristen hier sowieso übernachten müssen und geben sich wenig Mühe. Mal schauen, ob sich dies bewahrheitet. Wir entscheiden uns spontan für die erste Lodge links im Dorf, die Himalaya Lodge & Restaurant. Wir beziehen jeweils ein Zimmer, reduzieren unser Gepäck zu einem Tagesrucksack und essen in der Stube zu Mittag.
Als wir um 14:10 Uhr wieder vor die Tür treten, ist es immer noch bewölkt. Egal, auf zum Everest Base Camp! Es fühlt sich surreal an, nun ‘einfach’ einen Nachmittagsausflug zum Everest Base Camp machen zu können. Erwartungen habe ich keine, es soll auch nicht mein Höhepunkt der Reise sein. Trotzdem freue ich mich, die Möglichkeit zu haben, den Ort zu sehen, über welchen ich ansonsten nur lese. Es kommen uns Wanderer entgegen, unter anderem auch Monic, Matt und das kanadische Paar mit den 4-jährigen Zwillingsmädchen. Der Weg ist simpel, weiterhin von Schnee und teilweise auch von Eis bedeckt. Wir überholen Träger, welche eine kurze Pause machen. Sie tragen gewaltige Lasten bis ins Base Camp. Da befinden sich Tische und riesige Holzkisten auf ihren Rücken. Unglaublich, was hier alles hochgeschleppt wird. Auch überholen wir eine Gruppe indischer Touristen, welche sich offensichtlich nicht wohlfühlen in diesem Gebiet. Sie gehen Hand in Hand mit ihren Gruppenleitern und trauen sich kaum einen Fuss vor den anderen im Schnee zu setzen. Das wird noch dauern, bis sie das Camp erreichen. Wieso begeben sich Personen in ein solches Gebiet, in welchem sie sich offensichtlich nicht wohlfühlen? Vielleicht ist dies ihr grosser Traum, welchen sie gerade verwirklichen oder sie überwinden ihre Angst. Ich ermahne mich, nicht zu urteilen und hoffe, dass auch sie ihr Ziel erreichen werden.
Das Wetter wird nicht besser. Die Sicht ist schlecht, es schneit und der Wind weht uns kühl entgegen. Josh ist wie immer sehr rasch unterwegs und zieht uns schon nach kurzer Zeit davon. Giuseppe und ich sind ohne Hast unterwegs und geniessen die Eindrücke. Bei einer Gletscherspalte springt er dann auch kurzerhand rüber und sieht sich diese etwas näher an. Als er dann im Schnee ausrutscht, schnellt mein Puls in die Höhe. Er kann sich Gott sei Dank sofort auffangen, für eine Spaltenrettung wäre ich nicht ausgerüstet gewesen. Mamma Mia.
Nach etwas 90 Minuten stehen wir vor dem mit ‘Everest Base Camp, 5’364m.ü.M. besprayten Felsbrocken. Direkt davor tummeln sich zwei indische Reisegruppen, singen laut Happy Birthday und überreichen einem Mann einen Geburtstagskuchen. Auf diese ‘Menschenmassen’ haben wir gar keinen Bock und so laufen wir direkt weiter am Stein links vorbei. Die Gruppen stoppen jeweils bei diesem Stein und kehren von dort zurück nach Gorak Shep. Wir möchten aber ins Base Camp und geben uns nicht mit einem ‘versprayten’ Stein zufrieden.
Da wir noch in der Nebensaison unterwegs sind, sind erst ein paar Zelte aufgebaut. Die Zelte stehen nicht wie ich erwartete, auf einer grossen Ebene, sondern direkt auf dem Khumbu-Gletscher. Die Fläche ist uneben und mit Geröll bedeckt. Aufgrund des Klimawandels ist es nicht mehr sicher, dass sich das Camp auf dem Gletscher befindet. Geplant ist, dass dieses per Saison 2024 etwa 200-400 Meter weiter unten aufgebaut wird. Die diesjährigen Expeditionen werden erst in den nächsten Wochen starten, um dann im Mai den finalen Gipfelaufstieg zu versuchen. Erwartet werden gemäss einem Einheimischen rund 400 Bergsteiger. Diese werden mit rund 600 Sherpas versuchen, den Gipfel zu erreichen. Wer sich für die Besteigungen der 8’000er interessiert, findet während der Saison auf Alan Arnettes Blog täglich eine spannende Lektüre. Schlussendlich wurden 478 Bewilligungen für den Everest von der nepalesischen Seite erteilt (inklusive Sherpas über 1’200). Ein Rekord! Auf den Gipfel schafften es dann 250 Bergsteiger und 350 Sherpas (Stand 2. Juni 2023).
Wir möchten nicht so hoch hinaus. Stattdessen sammeln wir die Eindrücke aus dem Camp. Träger und Yaks werden endlich ihre Last im Camp los, die Eistürme des Khumbu-Gletschers ragen gewaltig und angsteinflössend in den Himmel und das Eis gibt ununterbrochen knirschende Geräusche von sich. Es sind keine weiteren Touristen unterwegs und wir können uns quer durchs Camp bewegen. Vor dem gewaltigen Khumbu-Gletscher schiessen wir ein paar Erinnerungsfotos. Wie ich später auf Alan Arnettes Blog nachlese, wurden die ‘Icefall Doctors’ zu diesem Zeitpunkt mit der Anbringung der Fixseile durch den Khumbu-Eisbruch fertig. Der Eisbruch erscheint unheimlich verwinkelt, brüchig, gefährlich und schreit beinahe raus, dass dies kein Gebiet für Menschen ist. Leider wird dies jährlich durch die Todesfälle bestätigt.
Die Sicht bleibt weiterhin schlecht, der Gipfel des Everests hält sich die ganze Zeit versteckt in den Wolken. So gehen wir zurück zum grossen Stein. Die Reisegruppen haben sich auf den Rückweg gemacht und so haben wir den Felsbrocken für uns alleine. Wir schiessen auch dort rasch ein paar Erinnerungsfotos. Der Wind weht sehr stark und eiskalt. Als ich ein Foto von Josh mache, wie er auf dem Stein steht, merke ich, dass wir doch nicht alleine sind. Unter dem Stein sitzt zusammengekauert eine Frau. Sie sei seit über zwei Stunden dort und wartet auf ihre Freunde (die, welche Hand in Hand mit den Guides unterwegs sind). Während sie sich noch gedulden muss, treten wir den Rückweg an. Immer wieder blicke ich zurück und hoffe doch noch die Gipfel zu sehen. Und tatsächlich. Für ein paar Sekunden lichtet sich der Himmel und der Gipfel des Mount Everest zeigt sich kurz. Unglaublich, dass es nochmals etwa 3’500 Höhenmeter da rauf wären. Glücklich, dass ich da heute nicht hoch muss, laufen wir rasch zurück nach Gorak Shep. Neben meinen Armlingen und meinem Langarmoberteil trage ich nun auch meine Daunen- und Hardshelljacke. Die Augenbrauen gefrieren in kürzester Zeit und meine Finger probiere ich durch Bewegung durchblutet zu halten. Auf dem Weg begegnen wir wieder der Gruppe, welche sich Händchen haltend jeden Meter erkämpft. Ob sie den Felsbrocken heute noch bei Tageslicht erreichen, bezweifle ich.
Wir sind nach einer guten Stunde wieder zurück in unserer Lodge. Froh über den Schutz der vier Wände führe ich meine Katzenwäsche durch (brrrr) und freue, mich die Kleider wechseln zu können. Der Tee in meiner Wasserflasche ist inzwischen gefroren. Beinahe alle Tische in der Stube sind besetzt. Zusammen mit Matt, Monic, Josh und Giuseppe lasse ich den Tag Revue passieren und geniesse ein warmes vegetarisches Curry. Die Stube selbst ist ungemütlich und sehr kühl. Da bevorzuge ich doch meinen dicken Schlafsack, in welchen ich mich um 20:00 Uhr mit einer heissen Wasserflasche verkrieche. Übrigens, ja, das war auf dem gesamten Trek die schlechteste Unterkunft. Das Essen war mittelmässig, die Stube ungemütlich, mein Zimmer hatte ein kaputtes Fenster und beim Anblick und Gestank des Plumpsklos musste auch ich mich überwinden, nicht gleich wieder rauszuspringen. Na dann.. gute Nacht auf über 5’200 Metern über Meer.